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Die Steuertricks der Marktplatz-Händler aus Fernost

Asiatische Amazon- und Ebay-Verkäufer sparen sich massenhaft die deutsche Umsatzsteuer – und prellen so nicht nur den deutschen Fiskus um Millionen, sondern können dadurch auch ihre deutschen Kollegen mit Dumping-Preisen massiv unter Druck setzen.

Marktplatz-Händler, die auf Amazon, Ebay und Co. verkaufen, sind auf ihre asiatischen Kollegen oft nicht gut zu sprechen: Vertrieb von Produktfälschungen, schlechter Kundenservice und Dumping-Preise werden vor allem chinesischen Unternehmen, die auf deutschen Marktplätzen verkaufen immer wieder nachgesagt.

Zu diesen ohnehin schon schweren Vorwürfen gesellt sich jetzt laut einem Bericht von INTERNET WORLD Business  ein neuer hinzu: Steuerhinterziehung.

Rund 800 Millionen Euro schmuggeln asiatische Marktplatzverkäufer Jahr für Jahr am deutschen Fiskus vorbei, schätzt Mark Steier, Betreiber des E-Commerce-Branchendienstes Wortfilter.de, der die Warenwerte und Umsätze der Asiaten analysiert hat.

Rund 10.000 Händler aus dem asiatischen Raum verkaufen ihre Waren auf Amazon.de und Ebay.de. Ein genauerer Blick ins Impressum deckt die Steuersünder unter ihnen schnell auf: Fehlt eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, dann sind die Händler bei keinem deutschen Finanzamt gemeldet – und damit ist eine Steuerhinterziehung denkbar bis wahrscheinlich.

Laut Steier trifft das auf über 90 Prozent der asiatischen Händler zu. Tatsächlich sind von den genannten 10.000 Händlern nur knapp 400 beim Finanzamt Berlin-Neukölln registriert, das eigentlich für die Besteuerung von Händlern aus Asien zuständig ist. Und von diesen knapp 400 Unternehmen geben rund 80 Prozent Umsatzsteuererklärungen ab, so der Bericht.

Und der Rest des ausländischen Umsatzes? Verschwindet im Nirwana, oder besser gesagt: vornehmlich in China und Hongkong. Dort existiere nämlich defacto „derzeit keine praktikable Rechtshilfe in Steuerstrafsachen“, so die Behörde auf Nachfrage.

Die Lösung? Großbritannien macht es vor

Das klingt nach Hilflosigkeit. „Nach meiner festen Überzeugung laufen die 600 deutschen Finanzämter der gesamten Online-Entwicklung vermutlich um Jahre hinterher“, schimpft deshalb Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Dabei wären die Finanzämter den gewieften Tricks der asiatischen Steuerbetrüger keineswegs hilflos ausgeliefert, wie ein Blick nach England zeigt: Dort haben die Behörden seit etwa einem Jahr per Gesetzesbeschluss das Recht, die Online-Marktplätze selbst für die Steuersünden ihrer Verkäufer haftbar zu machen – und die hinterzogene Umsatzsteuer notfalls Amazon und Ebay direkt in Rechnung zu stellen, wenn die ausländischen Händler sich einen schlanken Fuß machen.

Das Ergebnis: Seit Einführung der Maßnahme ist die Zahl der Registrierungen zur Umsatzsteuer von ausländischen Händlern sprunghaft angestiegen. Das britische Finanzministerium erwartet bis 2021 fast eine Milliarde Euro an Mehreinnahmen.

Mehreren Gutachten von Finanz- und Steuerrechtsexperten zufolge könnte auch der deutsche Fiskus die Online-Marktplätze direkt in Sachen Umsatzsteuer zur Kasse bitten. Aber die Politik hält sich noch zurück: Man hat nun zunächst einen Ausschuss eingerichtet, der die Sachlage prüfen soll. Und bis etwas geschieht, müssen deutsche Online-Händler weiterhin mit den umsatzsteuerfreien Dumping-Preisen von Anbietern aus Fernost konkurrieren.

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  • CC0 Public Domain, GDJ

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